Natur. Weite. Stille. Alleinsein. Wer diese Attribute auf einer Reise vereinen möchte, der wird sich erst verknallen, dann verlieben und schlussendlich nie mehr weg wollen aus Patagonien. Ich war fünf Wochen in der südlichsten Region der Welt und habe wertvolle Tipps, die dir beim Planen deiner Patagonien-Reise helfen können.
Wer keine Kälte mag, ist hier leider fehl am Platz. Von oben, von unten, von Ost, von West: woher der eiskalte Wind weht, kann sich minütlich ändern. Dass er unser ständiger Begleiter sein wird, wussten wir. Dass er uns so nah kommt, unter unsere Merino-T-Shirts kriechen wird und uns ständig um die Nasenspitze tanzt, hätten wir so nicht erwartet. Doch Patagonien ohne Kälte ist wie die Karibik ohne Palmen und Sonnenschein: undenkbar. Wer das südliche Ende der Welt kennen lernen möchte, der sollte sich gut vorbereiten.
1. Patagonien-Reise-Tipp: Das kommt in den Koffer
Die wichtigste Frage VOR der Reise: Was zieh ich an? Wer wandern und die Natur erkunden möchte, der sollte die richtige Kleidung im Gepäck haben. Viele Orte wie El Calafate oder El Chaltén sind sehr klein, haben zwar Läden mit Outdoorbedarf, die unter Umständen aber viel teurer sind als in Deutschland. Deshalb solltest du die richtigen Dinge einpacken.
Jacken
- Eine wind- und regendichte Outdoorjacke (am besten mit Goretex-Membran, dreilagig)
- Eine Softdaunenjacke, die sich klein zusammenfalten lässt
- Eine Daunenweste
- Eine atmungsaktive Softshell (die ist z.B. auch gut, wenn du vorher oder nachher nach in einer Stadt wie Santiago de Chile oder Buenos Aires unterwegs bist). Ich hatte aber auch meinen Parka dabei, um nicht nur in Outdoorbekleidung unterwegs sein zu müssen
Pullover/Shirts/Kleider
- Zwei Fleece-Shirts oder zusätzlich noch einen bequemen Hoodie
- 2 Merino-Langarmshirts
- 2 Merino-Kurzarmshirts
- 1-2 Kaschmir-Pullover für abends
- 2-3 normale T-Shirts oder Tops (für die Nicht-Wander-Outfits)
- 1 Kleid für Santiago oder Buenos Aires oder für abends - über einer Thermo-Strumpfhose oder der Wanderleggings
- Schlafshirt
Hosen
- 2 Wanderhosen (falls eine nass werden sollte)
- 1 Wanderleggings
- 1 Jeans (zum Fliegen, Sightseeing oder für abends)
- 1 kurze Hose (falls man in Santiago oder Buenos Aires Halt macht)
- Jogging- bzw. Pyjama-Hose
Schuhe
- Turnschuhe zum Fliegen und für normale Stadterkundungen
- Wasserfeste Wanderstiefel
- Flipflops, z.B. für die Waschräume in den Herbergen in Torres del Paine
- evtl. Birkenstocks oder Trekkingsandalen (modischer finde ich die Birkis)
Accessoires
- Loopschal oder Kaschmirschal
- warme Mütze aus Kaschmir oder Merino evtl. noch ein Stirnband
- Windbreaker-Handschuhe für die Wanderungen
- Sonnenbrille
- Tagesrucksack
- Bauchtasche (ich hänge sie mir immer um und ziehe meine Jacke noch drüber - perfekt geschützt gegen Taschendiebe - also vor allem in den Großstädten. In Patagonien musst du keine Angst haben, da knutscht dich noch eher ein Guanaco)
Sonstiges
- Kamera und Ersatzakkus bzw. Ersatzspeicherkarten
- Reise- und Wanderführer über Patagonien. Ich empfehle die detaillierten Reiseführer von Stein (hier oder hier). Die sind sehr handlich und du kannst immer den mitnehmen, den du gerade brauchst.
- Fernglas für Tierbeobachtungen, z.B. Condore, Pumas oder – fingers crossed – das Huemul (eine sehr seltene Rehart - die wir leider nicht zu Gesicht bekamen). Ich empfehle das Skyhawk von Steiner (z.b. hier)
- Wanderstöcke
- Handy, Powerbank
- Kopfhörer
- Taschenmesser
- Kocher und Essgeschirr
- Zelt, das für alle Jahreszeiten geeignet ist – nochmals: es wird SEHR kalt und ungemütlich, z.B. von Hilleberg
- Schlafsack (er sollte Temperaturen bis Minus 10 Grad aushalten), z.B. von Mountain Equipment
- Aufblasbare Luftmatratzen, z.B. von Exped
- Sonnencreme (Mückenspray brauchst du NICHT)
- Socken und Unterhosen ist klar
- persönliche Beauty-Utensilien wie Creme, Shampoo, Duschgel bzw. Seife, etc.
2. Patagonien-Reise-Tipp: Die perfekte Route
Wer möglichst viel in kurzer Zeit sehen möchte, der sollte sich vorab Gedanken über die Route machen und wie man von A nach B fährt. Es gibt Touristenbusse, die zwischen den Städten Ushuaia, Punta Arenas, Puerto Natales sowie El Calafate und El Chaltén verkehren. Du bist damit aber an die Abfahrtzeiten gebunden und kannst nicht flexibel entscheiden, anzuhalten, wenn z.B. eine Guanaco-Herde am Straßenrand grast oder ein kleiner Teich voller Flamingos am Wegesrand auftaucht.
Wir haben uns ein Auto gemietet. Oder besser gesagt zwei. Du musst nämlich bedenken, dass du ein in Argentinien angemietetes Auto nicht in Chile abgeben kannst und umgekehrt. Wir starteten unsere Route in Ushuaia, wo wir fünf Tage blieben und dort das erste Auto anmieteten. Von Ushuaia nahmen wir den Bus (hier findest du die Abfahrtzeiten) nach Punta Arenas und mieteten dort unser 2. Auto an, das wir am Ende in Punta Arenas zurückgaben, da wir von dort erst nach Santiago und dann über Buenos Aires wieder nach Deutschland zurückflogen. WICHTIG: Da du die Grenze übertreten wirst, wenn du nach El Calafate (Perito Moreno Gletcher) oder nach El Chaltén (Fitz Roy und Co.) fahren möchtest, musst du deine Autovermietung bitten (wir hatten das Auto bei Mitta angemietet und waren sehr zufrieden), dir ein Permit zum Grenzübertritt nach Argentinien zu besorgen. Da wir es vorab geregelt hatten, konnten wir das Permit direkt mitnehmen. Wenn du es vergisst, kann dich das einen ganzen Tag kosten, der dich noch an Punta Arenas fesselt und deine Pläne ganz schön durcheinander wirbeln kann.
Mit der Erfahrung, die wir gemacht haben, ist es am sinnvollsten, ein gutes Auto in Ushuaia anzumieten. In der Stadt mögen sie vielleicht als Umweltsünde betitelt werden, hier unten in Tierra del Fuego und Co. sind SUVs wirklich sinnvoll. Der Dacia Duster, den wir anmieteten, war allerdings nicht ganz so leistungsstark wie der Toyota Rav4, den wir in Punta Arenas bekamen. Mit diesem Auto war es ein Leichtes über Schotterwege zu fahren und abseits der festen Straßen Patagonien zu entdecken.
Die beste Route wäre unserer Meinung nach von Ushuaia (dort wäre ein Aufenthalt von du etwa 5 Tagen super, du erreichst es mit dem Flieger von Buenos Aires aus) über San Sebastián – mit Abstecher zur einzigen Königspinguin-Kolonie außerhalb der Antarktis – nach Punta Arenas. Dort kann man sich in 3-4 Tagen die Stadt sowie das Umland mit dem Ford Bulnes und dem südlichstem Leuchtturm auf dem amerikanischen Kontinent anschauen.
Von Punta Arenas geht's weiter nach Puerto Natales. Auf dem Weg lohnt es sich, die zahlreichen kleinen Teiche genauer anzuschauen und rosafarbene chilenische Flamingos zu entdecken.
Puerto Natales ist ein schöner Küstenort mit leckeren Restaurants, du könntest dir die Höhle des Riesenfaultiers, dem Mylodon, anschauen oder die Fischer im Sonnenuntergang beobachten. Puerto Natales ist außerdem der Startpunkt für viele Touren, egal ob Tages- oder Mehrtageswanderung in den Nationalpark Torres del Paine.
Wenn du den W-Trek oder sogar den härten O-Trek laufen möchtest, solltest du dir überlegen, ob du dein eigenes Zelt mitnimmst (beim O-Trek musst du es sogar) oder in einem der zahlreichen Refugios übernachten möchtest. Mehr dazu später...
Hast du den Trek erfolgreich gemeistert, kannst du mit dem Auto entweder zurück nach Puerto Natales fahren und dort noch zwei relaxte Tage verbringen oder wieder zurück nach Argentinien nach El Calafate bzw. direkt nach El Chaltén (Fitz Roy und Co.).
Wenn du über Buenos Aires zurück nach Europa fliegst, kannst du dein Patagonien-Abenteuer in El Calafate beenden und von dort aus wieder zurück nach Buenos Aires und anschließend nach Deutschland fliegen. Mitta ist eine rein chilenische Autovermietung, ich empfehle dir deshalb Hertz, da es sowohl in Ushuaia als auch in El Calafate eine Station gibt.
Natürlich könntest du auch noch weiter fahren – wenn es die Zeit und dein Budget erlaubt – bis hoch nach Bariloche. Dann macht es Sinn, sich erst in El Calafate den Perito Moreno Gletscher anzuschauen, weiter nach El Chaltén mit Fitz Roy und Co. zu fahren und sich immer weiter Richtung Norden zu bewegen.
Wir fuhren von Puerto Natales erst nach El Calafate, dann nach El Chaltén, zurück nach El Calafate, nach Puerto Natales, machten dann erst den Torres del Paine Trek und flogen nach ein paar Tagen Aufenthalt von Punta Arenas nach Santiago de Chile und von dort über Buenos Aires zurück nach Hause.
3. Patagonien-Reise-tipp: Ushuaia, die südlichste Stadt der Welt
Es können nicht viele von sich behaupten, schon einmal in der südlichsten Stadt der Welt gewesen zu sein, aus dem südlichsten Postamt der Welt eine Postkarte verschickt oder im südlichsten Zug der Welt ein kleines Picknick gemacht zu haben. Doch all das kannst du in Zukunft sagen, wenn du in Ushuaia warst. Die Hafenstadt mit ihren 64.000 Einwohnern liegt am Beagle Kanal, der Meerenge, die den Pazifik mit dem Atlantik verbindet.
Die Stadt mit ihren vielen kleinen, bunten Häusern liegt auf einer Anhöhe, die das Autofahren bei Schnee nur mit Schneeketten möglich macht. Unser hübsches Hotel, das Cumbres del Martial liegt am Fuße des Glacier Martial und war damit der perfekte Ausgangspunkt für viele Wanderungen. Hier hoch fahren natürlich auch Taxis, wir waren allerdings sehr froh, unser Auto immer dabei zu haben. Schließlich gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Wanderungen durch das Tierra del Fuego, Feuerland, oder Ausflüge vom Hafen aus mit dem Schiff auf den Kanal.
Eines unserer absoluten Highlights war ein Segelturn auf dem Beagle Channel. Ich sag nur: PINGUINE!
Es gibt diverse Anbieter, die direkt gegenüber der Touristeninformation ihre kleinen Verkaufshäuschen aufgeschlagen haben (Avenida Prefectura Naval Argentina 470). Während es manche vorziehen, in größeren Booten um den Leuchtturm zu den Pinguinen zu fahren (etwas günstiger), wollten wir nicht nur umweltbewusster unterwegs sein, sondern auch etwas exklusiver und privater. Daher buchten wir uns einen der acht Plätze auf dem Segelboot Paludine. Die Kosten pro Person: 70 Euro. Der große Vorteil ist nicht nur der Umweltaspekt, es ist vor allem eine ideale Möglichkeit, den Pinguinen sehr nahe zu kommen, dazu aber auch noch die Insel der Seelöwen zu besuchen, zu der die breiten Schiffe nicht gelangen können. Wir hatten einen sensationell sonnigen Tag, dennoch war ich heilfroh, dass wir in einen Extrasatz warme Thermohosen schlüpfen durften.
Ich hatte die Möglichkeit, wundervolle Bilder aufzunehmen...
Kulinarisch hat Ushuaia ein Highlight zu bieten, das zu meinen absoluten Favorites der Reise zählte. Ganz frisch werden dort King Crabs angeboten, Königskrabben. Auf unserem Segelturn konnten wir die Fischer noch beobachten, wie sie die Meeresfrüchte aus dem Wasser zogen, abends hatten wir sie schon auf unserem Teller.
Das beste Restaurant dafür ist das El Viejo Marino. Wir zahlten umgerechnet für eine Königskrabbe mit Reis und etwas Salat ca. 35 Euro. Isst man eine ähnliche Portion z.B. im KaDeWe oder einem Luxusrestaurant in Deutschland, müsst ihr locker ab 150 Euro dafür hinlegen.
Hier gibt es noch einen kleinen Film über Usuaia:
4. PATAGONIEN-REISE-TIPP: Torres del Paine
Für viele steht Torres del Paine sinnbildlich für Patagonien. Der Nationalpark, der etwa 140 Kilometer und ca. 2,5 Autostunden von Puerto Natales entfernt liegt, ist von der UNESCO 1978 zum Welterbe ernannt worden. Bis zu 2800 Meter ragen die Berge der Cordillera del Paine in den Himmel Chiles. Im Norden grenzt der argentinische Nationalpark Los Glaciares mit dem berühmten Fitz Roy und dem Perito Moreno Gletscher an. Den Namen hat der Park Torres del Paine von den majestätischen Granittürmen, die wie Tore zum Himmel, so die deutsche Übersetzung, wirken.
Viele Touren-Anbieter bieten Tagestrips an, die sehr früh in Puerto Natales starten und gerade einmal Zeit lassen, die Türme im Eiltempo zu erklimmen. Du solltest dir aber mindestens vier Tage für diese einzigartige Natur Zeit nehmen. Die Berge, die Gletscher, die Seen, die Tiere: es ist so einzigartig und atemberaubend, ich kann definitiv sagen, dass es die schönste Wanderung war, die ich je gemacht habe.
Wir sind den W-Trek gelaufen, den wohl die meisten Wanderer absolvieren, weil er durchgängig Refugios bietet, in denen man übernachten kann – teilweise sogar mit gestellter Bettwäsche und Handtüchern. Doch du kannst genauso gut zelten. Es kommt auch ein wenig darauf an, wie deine Route verläuft und welche Verfügbarkeiten es gibt. Teilweise haben die Refugios nur wenige Betten, dafür aber mehr Zeltmöglichkeiten. Du kannst dein eigenes Zelt mitbringen oder auch bereits festinstallierte Zelte in- oder exklusive Zubehörs buchen. Es ist alles eine Preisfrage und weil es auf der gesamten Wanderstrecke nur zwei Anbieter gibt, können diese relativ hohe Preise veranschlagen.
Auf der Karte oben kannst du die Routen des W-Treks, kleiner in gestrichelter Linie auch die des O-Treks ("Circuito") sehen. Normalerweise starten die meisten im Osten und laufen dann richtig Westen zum Lago Grey. Sie starten also mit den Torres del Paine und arbeiten sich über die Cuernos del Paine bis hin zum Glaciar Grey vor (W-Trek) oder laufen oben entlang über den Pass zum Gletscher Grey und unten rum wieder zurück zu den Torres.
Da wir ein eigenes Auto hatten, stellten wir dieses am Lago Pehoe ab und fuhren mit der Fähre zum Refugio Paine Grande. Dort verbrachten wir die erste Nacht, hatten am Nachmittag Zeit, eine erste Wanderung entlang des Lago Pehoe zu machen und auf das Huemul zu hoffen, das angeblich am Uferrand lebt. Leider ohne Erfolg. Ist eben ganz schön scheu dieses vom Aussterben bedrohte Reh...
Unsere Route und die von uns gebuchten Übernachtungsmöglichkeiten lautete:
1. Refugio Paine Grande (6-Bett-Zimmer)
2. Refugio Grey (4-Bett-Zimmer)
3. Refugio Paine Grande (Doppelzimmer) – das Italiano ist nur ein Camping-Platz, den haben wir ausgelassen, sind auch nicht ins Valley del Francés gelaufen, weil es zu neblig war und wir sowieso nichts gesehen hätten (gut – und das Fitness-Level nicht das beste war...)
4. Refugio Los Cuernos (Zelt)
5. Refugio Chileno (Zelt)
Die Refugios
Für die Refugios gibt es zwei Anbieter:
1. Fantastico Sur: Refugio Torre Central, Refugio Torre Norte, Refugio Los Cuernos, Refugio El Chileno
2. Vertice: Refugio Los Perros, Refugio Grey, Refugio Paine Grande, Refugio Dickenson
Es wird empfohlen, ein halbes Jahr im Voraus zu buchen, doch wir haben rechtzeitig gebucht und kurz vorher gemerkt, dass bestimmte Kontingente, die nicht verkauft wurden (z.B. durch bestimmte Anbieter) doch kurzfristig verfügbar waren – manchmal sogar viel günstiger als zum Frühbucherpreis. Hier gibt es kein Richtig oder Falsch. Wenn du keine Refugios gebucht hast, kann es dir passieren, dass dich die Parkverwaltung nicht wandern lässt, denn das Campen und Übernachten in freier Wildbahn ist nicht nur verboten, es kann auch gefährlich werden (Stichwort: Puma!). Außerdem kann es dann sein, dass du unerwartet viele Kilometer an einem Tag zurücklegen musst, sollte eines der Refugios auf dem Weg ausgebucht sein. Für Camper ist aber meistens ein Fleckchen übrig... Damit liegst du also definitiv richtig. Dein Schlafsack und deine Isomatte sollten Minusgrade aushalten, denn nachts kann es bitterkalt werden und teilweise auch schneien.
Die Highlights unserer Route
Es ist nicht gerade einfach, mit einem 8 bis 10 Kilo-Rucksack die verschiedenen Höhenmeter zu überwinden. Zugegeben, richtig trainiert waren wir nicht, den Inka-Trail in Peru habe ich damals mit einem Tagesrucksack bewältigt. Doch natürlich kann man es schaffen, wenn man langsam läuft und immer wieder kleine Power-Snacks in Form von Nüssen und Schokolade dabei hat (die gibt es als To-Go-Pack in den Refugios). Außerdem musst du dir genau überlegen, wie lange du pro Tag am Stück laufen kannst und großzügig planen. Während andere noch am Tag 1 von Paine Grande zum Refugio Grey hoch- und abends wieder zurückgegangen sind, blieben wir dort und entschieden uns zur Einstimmung für eine kleine Wanderung entlang des Lago Pehoe. Erst am nächsten Tag wanderten wir am Lago Grey entlang zum gleichnamigen Refugio. Gegen Mittag kamen wir oben an, aßen unser Lunch-Paket und bezogen unsere Zimmer. Danach wanderten wir bei herrlichstem Sonnenschein (was eher selten ist) ohne Jacke und Rucksack (was für eine Wohltat!) nach Norden Richtung Pass. Dieser Weg gehört eigentlich zum O-Trek und führt an drei Hängebrücken und direkt oberhalb des Gletschers vorbei, teilweise auch durch Waldstücke, die aussehen wie in Grimms Märchen. Die Abwechslung aus Wald, einigen felsigen Stellen und dem Weg über die Hängebrücken macht dieses Teilstück zur wohl spektakulärsten Strecke. Außerdem wandern hier nicht so viele Menschen, wir waren oft ganz allein in dieser atemberaubenden Kulisse. Natürlich hat uns das Wetter in die Karten gespielt und noch mal zusätzlich für sensationelle Bilder gesorgt.
Diese Aussicht konnte nichts mehr toppen. Wir waren schon seelig an Tag 2 der Wanderung und das hat sich über den ganzen Trek hingezogen. An Tag 3 ging es für uns zurück zum Refugio Paine Grande. Wir kannten uns ja bereits aus, bezogen schon gegen 14 Uhr unsere Zimmer, hatten die Duschsäle für uns alleine und gönnten uns eine Pizza, El Calafate-Bier bzw. Cola in der Bar, in der nach und nach immer mehr Wanderer eintrafen und es langsam immer lauter wurde. Klar ist es das typische Backpacker-Blabla, aber man trifft auch Leute, denen man auf dem Trek immer mal wieder begegnet und mit denen man irgendwann auch etwas tiefgründigere Gespräche führen kann.
Zum Beispiel über die vielen abgebrannten Bäume, die im Park herumstehen. Diese zerstörte ein Feuer, das Ende 2011 im Park wütete. Ausgelöst wurde es durch eine Dummheit eines israelischen Touristen. Nach dem Toilettengang in freier Wildbahn wollte der damals 23-Jährige Rotem S. sein Toilettenpapier verbrennen. Doch der starke Wind riss das Feuer mit sich und steckte den Nationalpark in Brand. 12.650 Hektar Wald wurden zerstört. Die weißen Stämme mögen hübsch aussehen, doch sind sie ein Mahnmal an diese Katastrophe.
An Tag 4 wanderten wir weiter mit dem Ziel: Refugio Los Cuernos. Dabei passiert man den Aufstieg ins Valle Francés, um den Cuernos, den Hörnern, die sich durch ihre verschiedenen Gesteinsschichten auszeichnen, ganz nah zu kommen. Das ockerfarbene Granitgestein ist in das darüber liegende, dunkle Sedimentgestein eingedrungen und hat diese weltweit einzigartige Gesteinsformation mit ihrer schwarzen Kappe geschaffen.
Weil es zu neblig war und wir schon ziemlich geschafft waren vom Wandern, haben wir das Tal Francés ausgelassen und sind direkt weiter zum Refugio. Es liegt direkt am Fuße der Hörner und ermöglicht einen Traumblick nach oben. Der Lago Nordenskjöld ist nicht minder spektakulär, weil sich die umliegenden Hügel sowie der knallrot-blühende Feuerbusch im türkisfarbenen Wasser spiegeln.
Wer das nötige Kleingeld hat, kann im Refugio in urgemütlichen Cabanas mit kleiner Feuerstelle übernachten. Uns war der Preis von 350 Euro pro Nacht etwas zu teuer, deshalb musste es auch ein Zelt tun... Im Refugio waren leider keine Zimmer mehr frei.
Du wartest bestimmt schon auf die Bilder der Torres. Tja, da muss ich dich leider enttäuschen. Unser vorletzter Tag führte uns zwar ins Camp Chileno, von wo aus man perfekt zu den Türmen starten kann, doch natürlich fühlte ich mich genau an diesem Tag krank und nicht wirklich fit. Ich fing an zu Husten, ich hatte Schnupfen und Kopfschmerzen. Dass so eine Nacht im Zelt nicht die nötige Erholung bietet, muss ich niemanden erzählen. Den Aufstieg ins Chileno-Camp meisterte ich trotzdem. Kaum oben angekommen öffneten sich die Wolken und es regnete nicht, es schüttete. Eimerweise kam das Nass vom Himmel. Der Fluss Río Ascencio schwoll innerhalb von Minuten an und wurde zu einem braunen Strom, der ins Tal hinabstürzte. Da half auch die kurze Yoga-Einlage auf der nächsten Hängebrücke nichts...
Wir verbrachten den ganzen Tag drinnen, aßen und tranken mit den anderen Backpackern. Die Nacht im Zelt war die schlimmste überhaupt. Leider war das Wetter am Morgen auch nicht besser. Der Weg war schlammig, die Sicht auf die Torres vom Nebel und Wolken getrübt. Wir entschieden uns, nach unten ins Tal zu wandern und nach Puerto Natales zurückzufahren. Die Bilder vom Grey Gletscher konnte das sowieso niemals überbieten.
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